Unser Kiefergelenk
Gwendolyn Langer
Physiotherapeutin
Was versteckt sich hinter „CMD“ – ein Einblick ins Kiefergelenk
Kurzer Überblick über unser Kiefergelenk
Unser Kiefergelenk besteht aus einem Ober- („maxilla“) und Unterkiefer
(„mandibula“) mit einer dazwischenliegenden ovalen Knorpelschicht sowie
Bandstrukturen. Diese müssen gemeinsam harmonieren, um uns alltägliche Dinge
wie reden oder essen zu ermöglichen.
Außerdem steht das Kiefergelenk über nervale, fasziale und muskuläre Stränge im
engen Kontakt mit unserer Halswirbelsäule- insbesondere den oberen Kopfgelenken
Atlas (1. Halswirbelkörper) und Axis (2. Halswirbelkörper).
Direkt hinter dem Kiefergelenk entspringen unsere Nackenmuskeln, die wiederrum
eng mit der Schulter- und Rückenmuskulatur und dadurch mit dem Becken
verbunden sind. So wirken sich Bewegungen, Fehlhaltungen oder muskuläre
Dysbalancen im Kiefer- und Kopfbereich auf den restlichen Körper aus (Diehl, 2008).
Ein Beispiel
Knirschen oder beißen Sie nachts die Zähne über längere Zeit zusammen, kommt es
zu einer Überbelastung der Kaumuskulatur des Kiefergelenks. Wie eine
Kettenreaktion werden als Kompensation die Nacken-, Rücken- bis hin zur
Beinmuskulatur angespannt. Eine Zeit lang kann unser Körper diese Fehlbelastung
schmerzfrei ausgleichen, jedoch verkürzen die Muskelgruppen auf Dauer und
verursachen Schmerzen.
Diagnose CMD – was verbirgt sich dahinter?
Hinter der Abkürzung CMD versteckt sich die "cranio- mandibuläre Dysfunktion".
Dieser Begriff leitet sich vom lateinischen "cranium = Schädel" und "mandibula=
Unterkiefer“ her und stellt einen Überbegriff für (nicht-) schmerzhafte Beschwerden
und Bewegungseinschränkungen im Bereich des Kopfes und Kiefergelenks dar
(Kares, 2016).
Welche Auswirkungen hat dies auf unseren Körper?
Unser Körper ist ein sehr sensibler Organismus, welcher auf jede Art von
Fehlfunktion, Schmerz oder Einschränkung mit einer Schonhaltung reagiert. So auch
bei Störungen im Kiefergelenk. Häufig sind Kieferprobleme begleitet von einem
(nicht-)schmerzhaften Knacken/ Krachen beim Gähnen oder Essen.
Eine CMD kann sich in diversen anderen variablen Symptomen äußern.
Diese können sein:
- Kopfschmerzen
- Schwindel
- Blockaden an der Halswirbelsäule
- Nacken,- Schulter- Rücken,- oder Fußschmerzen
- Ohrbeschwerden z.B. Tinnitus
- Schluckbeschwerden „Kloß im Hals“
- Schmerzen hinter dem Auge
- etc...
Doch nicht immer sind die Muskulatur oder ein „schiefer“ Unterkiefer Auslöser für
eine solche Problematik, sondern Übeltäter können zum Beispiel ein entzündeter
Zahn oder eine Zahnfehlstellung sein.
Was geschieht dadurch?
Wenn die Zähne nicht mehr „richtig“ aufeinanderpassen, werden diese
ungleichmäßig abgerieben. Die Folgen sind weitere Verspannungen, Schmerzen bis
hin zu Entzündungen der Gelenkskapsel. Ein schiefer Zahn kann also genauso
ursächlich sein wie eine falsche Körperhaltung (Mindermann, 2016).
Welche Therapie bietet sich an?
Zunächst sollten Sie auf jeden Fall einen
Zahnarzt bzw. einen Kieferorthopäden
aufsuchen, um mögliche Fehlstellungen, nächtliches Knirschen oder Zahnprobleme
zu erkennen und zu behandeln. Dieser verordnet gegebenenfalls eine
Nachtschiene, Spange oder beseitigt Zahnfehlstellungen und/oder stellt ein
Manuelle- Therapie Rezept für die Kiefergelenksbehandlung aus.
Die Zähne sollten sich während des Tages nur für die Nahrungsaufnahme
berühren. Ansonsten ruhen sie ohne Kraft aufeinander (Kares, 2016). Achten Sie
selbst bei sich darauf!
Was geschieht bei der manuellen Behandlung am Kiefergelenk?
Aufgrund des engen anatomischen Kontaktes und des funktionellen
Zusammenhangs der einzelnen Strukturen (HWS, Kiefer, Muskeln, Becken etc.),
erfolgt zunächst eine ganzheitliche Untersuchung mit anschließender Behandlung
aller eingeschränkten Regionen.
Kopf- und Kiefergelenk sowie das Becken werden gezielt mobilisiert, verspannte
Muskulatur, wie Kau-, Nacken- und Rückenmuskeln, wird durch Dehnen oder
Manual- therapeutische Maßnahmen gelockert. Außerdem erhält der Patient
Eigenübungen, um selbst aktiv gegen seine Schmerzen zu werden (Mindermann & Diehl, 2016).
Um einen langfristigen Behandlungserfolg zu ermöglichen, sind eine
interdisziplinäre Zusammenarbeit von Therapeut, Patient und Zahnarzt /
Kieferorthopäden sowie eine ganzheitliche Behandlung unumgänglich!