Manuelle Lymphdrainage

Cassandra Fiedler, geb. Kwade

Cassandra Fiedler, geb. Kwade Physiotherapeutin

Was ist die manuelle Lymphdrainage und bringt dieses „Streicheln“ überhaupt etwas?
Diese Fragen und noch mehr will ich Ihnen kurz beantworten.

Was ist das lymphatische System?

Das lymphatische System ist ein wichtiger Bestandteil des Immunsystems. Es ist ein komplexes Geflecht, das sich aus den lymphatischen Organen und dem feinwandigen Lymphgefäßsystem zusammensetzt. In ihm wird die Lymphflüssigkeit gebildet und transportiert.

Die lymphatischen Organe (wie z. B. Milz, Mandeln, Knochenmark) dienen in ihrer Funktion der spezifischen Abwehr. Lymphozyten sind die Zellen dieser Organe, sie bilden diese auch teilweise und beherbergen sie.

Das Lymphgefäßsystem besteht aus einem Netzwerk feinwandiger Gefäße, welches die Lymphflüssigkeit in den Gewebespalten sammelt, in den zwischengeschalteten Lymphknoten filtert und schließlich in den Blutkreislauf zurückführt. Es fängt mit den kleineren, an der Oberfläche liegenden Lymphkapillaren an und verbindet sich im weiteren Verlauf zu größeren, tieferliegenden Lymphgefäßen.

Pro Tag zirkulieren etwa 2 Liter Lymphflüssigkeit durch unseren Körper. Dies erfolgt entweder durch die Bewegung der Gliedmaßen, die die Lymphgefäße zusammenpressen oder direkt durch die nicht geordneten Anspannungen der einzelnen Lymphangione (Lymphherzen).

Bildlich kann man sich das Lymphsystem wie ein Flußsystem vorstellen, in dem viele Nebenflüsse zu einem großen Hauptfluss zusammen fließen. Dazwischen befinden sich Staudämme (in unserem Körper sind dies die Lymphknoten), welche die Flüssigkeit auffangen und filtern.

Stauungen im Lymphgefäßsystem oder die Überforderung der Rücktransportkapazität haben Lymphödembildungen zur Folge. Hier kommt die manuelle Lymphdrainage ins Spiel:

Wie ist der Ablauf der Behandlung der manuellen Lymphdrainage (MLD)?

Der Patient sollte warm und entspannt liegen und das zu behandelnde Gebiet frei von Kleidung sein. Zunächst werden die Hauptlymphknoten im Rumpf (z.B. in Achsel und Leiste) behandelt und geöffnet. Anschließend wird zum betroffenen Gebiet vorgearbeitet, um die Lymphgefäße bis dorthin zu öffnen. Im Anschluss wird das eigentliche Gebiet therapiert, bevor wieder zurück zum Hauptstamm gelympht wird.

Was sind Wirkung und Therapie?

Diese Therapie, welche von Emil Vodder maßgeblich entwickelt wurde, wird seit den 1960er Jahren gelehrt und von dazu speziell ausgebildeten Physiotherapeuten und Masseuren durchgeführt.

Ziel der Behandlung ist es, die reduzierte Pumpfunktion des Gefäßsystems zu unterstützen. In erster Linie dient die manuelle Lymphdrainage der Entstauung von geschwollenem Gewebe in Körperstamm, Armen oder Beinen, welches nach Verletzungen oder Operationen entstehen kann. Oftmals sind die Schwellungen äußerlich nicht sichtbar. Besonders häufig wird diese Therapie nach einer Tumorbehandlung bzw. Lymphknotenentfernung verschrieben.

Wir verwenden bei der manuellen Lymphdrainage spezielle Handgriffe, bei denen zum Beispiel durch rhythmische, kreisende und pumpende Bewegungen der Handflächen die angestaute Flüssigkeit in Richtung der zuständigen Lymphknotenstation abtransportiert wird. Da die feinen Lymphkapillaren direkt unter der Haut liegen und sich bei übermäßigem Druck verschließen, darf diese Therapie nur sanft erfolgen. Vergleichbar ist dies mit einem Gartenschlauch, der, wenn man ihn zusammen drückt, kein Wasser mehr hindurch läßt. Durch Atmung sowie durch Anregung entfernt liegender Lymphknoten können wir dabei eine Sogwirkung erzielen, die den Abtransport der Gewebeflüssigkeit begünstigt.

Das Gewebe schwillt ab, die Schmerzen werden gelindert und das Gewebe wird lockerer und weicher, was sich ebenfalls auf die Beweglichkeit und damit auch auf die allgemeine Mobilität positiv auswirkt.

Was passiert bei Narben und Schmerzen?

In der Narbenbehandlung hat die MLD das Ziel der besseren Verschiebbarkeit der Narbe sowie die Lymphgefäßneubildung im durchtrennten Gewebe. Auch in der Schmerzbekämpfung, sowohl vor als auch nach Operationen, hilft sie das Gewebe zu entstauen. Damit können teilweise Schmerzmittelgaben verringert und der Heilungsprozess beschleunigt werden.

Was kann ich unterstützend selbst dazu beitragen?

Zum optimalen Lymphabfluss ist vor allem die richtige Lagerung wichtig. Hierbei gilt es, dass die weiter entfernt liegenden Körperteile höher liegen müssen als der Rumpf. Für den Arm bedeutet das: die Hand höher lagern als den Ellenbogen, den Ellenbogen höher als die Schulter.
Beim Bein bedeutet es: den Fuß höher lagern als das Knie, das Knie höher als die Hüfte. Auch kann man unterstützende Bewegungen ausführen, wie das Ballen der Hand zur Faust bzw. das Öffnen der Hand oder beim Fuß das Hochziehen oder Ausstrecken der Zehen. Des Weiteren sind je nach Schweregrad Kompressionsverbände (Kompressionsbinden oder maßgefertigte Kompressionsstrümpfe) sowie spezielle Hautpflege empfehlenswert. Starke Kälte oder Hitze und das Tragen eng einschneidender Kleidung sollten vermieden werden.

Auf alle Fälle ist die manuelle Lymphdrainage eine angenehme und absolut schonende Therapie, die die beschriebenen Heilungsprozesse sehr stark unterstützt.

Quellen

INN AK Innakademie, Lymphdrainage Script, Dr. med. Tim Freyer

Flexikon.Doccheck, Lymphatisches System, Arzt Georg Graf von Westphalen, 2016:
http://flexikon.doccheck.com/de/Lymphatisches_System

Miomedi, Lymphsystem – Funktion, 2015:
http://www.miomedi.de/gesundheit/wissen-gesundheit/lymphe/lymphsystem/lymphsystem-funktion.html

Physio-Deutschland, manuelle Lymphdrainage, 2016:
https://www.physio-deutschland.de/patienten-interessierte/wichtige-therapien-auf-einen-blick/manuelle-lymphdrainage.html

Flexikon.Doccheck, manuelle Lymphdrainage, Dr. med Petra Mehling, 2005:
http://flexikon.doccheck.com/de/Manuelle_Lymphdrainage

G. Bringezu, O. Schreiner: Lehrbuch der Entstauungstherapie. Springer, Berlin 2001.Band 1:
Grundlagen, Beschreibung und Bewertung der Verfahren. Band 2:
Behandlungskonzepte für die Praxis

Uwe Gille: Herz-Kreislauf- und Abwehrsystem, Angiologia. In: F.-V. Salomon u. a. (Hrsg.):
Anatomie für die Tiermedizin. Enke-Verlag Stuttgart, 2. Aufl. 2008

Benninghoff, Drenckhahn Anatomie, Makroskopische Anatomie, Embryologie und Histologie des Menschen.: Band 2, 2004
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